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Archive for 29. August 2011

Robben Island (20.08.)

Gestern sind die Freiwilligen aus Huis vaan Heerde (Nora, Theresa und Julian, schön euch kennengelernt zu haben!) schon zu ihrem Projekt abgereist, deshalb ist es gerade ein bisschen leiser als sonst. Leider konnten wir nicht mehr alle zusammen nach „Robben Island“ fahren, aber da die Drei ja etwas näher an Kapstadt wohnen als wir, können sie das bei Gelegenheit nachholen. Gegen ein Uhr sind Melle, Christoph und ich also mit dem Boot in Richtung „Robben Island“ gefahren. Da es ziemlich windig war, waren die Wellen auf dem antlantischen Ozean dementsprechend hoch und die Bootsfahrt hat wahnsinnig viel Spaß gemacht!

 

Atemberaubender Ausblick auf ganz Kapstadt und den Tafelberg! Schade, dass es auf Fotos nie so schön aussieht wie in Wirklichkeit!

Das Bild ist etwas schepp, aber ein weiterer wunderschöner Ausblick auf Kapstadt! Diese Stadt ist wirklich rieeeeesig!

 

Leider war die Bootsfahrt ziemlich schnell zu Ende und am Ziel angekommen wurden wir sofort in einen Bus dirigiert, der uns dann eine Dreiviertelstunde lang um die Insel kutschiert hat. Robben Island ist zwar nicht gerade groß, aber man braucht als guter Läufer trotzdem gute zwei Stunden, um die Insel einmal zu umrunden. Wenn man nicht um ihren traurigen Hintergrund als Gefängnisinsel wüsste, dann wäre dieser Ort einfach ein Paradies auf Erden. Es gibt nicht nur eine Kirche und ein Hotel, sondern auch noch eine Schule, eine Moschee, ein Polizeipräsidium und mehrere Wohnhäuser.

 

Wohnhäuser auf Robben Island. Hier leben meist die Guides mit ihren Familien.

Die Grundschule: Momentan besuchen ca. 18 Kinder die erste Klasse. Ab der weiterführenden Schule müssen sie jeden Morgen aufs Festland fahren.

Das Gästehaus: Hier hat schon Nelson Mandela bei seinen mehrfachen Besuchen geschlafen.

Selbst das ehemalige Gefängnis ließe sich leicht für ein Feriendomizil halten, wären da nicht die Zäune und die gedrückte Stimmung. Bevor ich aber zum Gefängnis komme, erst einmal zur Rundfahrt. Ich hatte nicht erwartet, dass auf „Robben Island“ tatsächlich noch so viele Menschen leben! Auch die Landschaft ist wunderschön und man hat definitiv den besten Blick auf den Tafelberg, den es gibt! Das Bewegendste auf der Busfahrt war dieser Ort:

 

Limestone Quarry - Dort mussten politische Häftlinge und „maximum security prisoners“ wie Nelson Mandela und seine Mitgefangenen bei sengender Hitze und unter direkter Sonneneinstrahlung teiweise bis zu 12 Stunden arbeiten. Mal abgesehen von den schädlichen Auswirkungen auf Lunge und Augen (aufgrund der starken Sonneneinstrahlung ist Nelson Mandela heute stark sehgeschädigt) hatte der Abbau des Kalksteins keinen anderen Nutzen als die körperliche Schwächung der Gefangenen.

 

Nach der Busfahrt wurden wir am Gefängniseingang von einem ehemaligen politischen Häftling abgeholt, der zu Zeiten der Apartheid 5 Jahre auf Robben Island verbracht hat. Es war sehr beeindruckend, einen Zeitzeugen kennenzulernen, und der ältere Mann konnte sich vor lauter Fragen kaum retten. Natürlich könnte ich hier jetzt die Geschichte von Robben Island nacherzählen, aber wenn ihr euch dafür interessiert, dann könnt ihr sie gerne auf dieser Seite nachlesen: Robben Island Homepage. Ich werde jetzt allerdings Bilder für mich sprechen lassen:

 

Die Gefängnisblöcke von außen. Befände sich nicht vor jeder Tür eine Sicherheitstür aus Eisenstangen mit überdimensionalem Schlüsselloch, könnte man das Ganze glatt für eine Ferienanlage halten.

 

Blick vom Eingang des Blocks in Richtung Gefängnisflur.

 

Blick in einen Gemeinschaftsraum. Hier befanden sich die weniger „gefährlichen“ Insassen. Die Anderen wie z.B. Nelson Mandela wurden im untenstehenden Gebäude in Einzelhaft gehalten.

 

Eines dieser Fenster führt zu Mandelas Zelle – die sich in nichts von den anderen Einzelzellen unterschied.

 

Die Gefängnisküche. Jene politischen Gefangenen, die dort arbeiteten, waren für ihre jeweilige Partei von größter Bedeutung, da im Essen Nachrichten versteckt wurden, die das politsche Leben im Gefängnis koordinierten. Dabei mussten die Gefangenen sehr vorsichtig sein, um nicht von den Gefängniswärtern oder auch den wirklich Kriminellen erwischt und möglicherweise erpresst oder verraten zu werden.

 

 

Zu Zeiten der Apartheid gab es selbst im Gefängnis für die verschiedenen Rassen verschiedene Essenspläne.

 

Einer der Gefängnistürme. Die Mauern wurden erst nachträglich gebaut, um jegliche Kommunikation zwischen den verschiedenen Blogs zu unterbinden.

 

Bett in einem Einzelzimmer.

 

Eine der bewegenden Geschichten, die in den Zellen hingen. Auch im oben beschriebenen „Limestone Quarry“ wurde auf diese Art und Weise Wissen weitergegeben.

 

Der Blick in Richtung Freiheit.

 

Nach der Führung durch das Gefängnis mussten wir leider wieder zum Schiff zurück und hatten keine Zeit mehr, uns auf eigene Faust mal umzuschauen. Auch die Pinguine konnten wir nicht mehr sehen, obwohl sich auf Robben Island eine der größten Pinguinkolonien Südafrikas befindet (Tut mir leid, Fynn, ich hätte gerne ein paar Fotos für dich gemacht). Als wir so gegen 17 Uhr wieder bei der Waterfront waren, sind wir das letzte Mal am Meer entlang zu unserem Hostel gelaufen.

 

Eine Palme, extra für Ellen!

 

 

Wunderschönes Foto vom Fußballstadion und dem Tafelberg – danke Melle und tschüss Kapstadt!


 

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19.08. Townshiptour

Heute haben wir eine Townshiptour gemacht, die wir alle sehr unterschiedlich wahrgenommen haben. Zuerst waren wir im „District Six Museum“ und ich hatte – wie immer – nicht genug Zeit um es mir komplett anzuschauen (Wer schafft schon in 20 Minuten ein ganzes Museum?). Es war aber trotzdem sehr interessant, um die Vorgeschichte der Townships zu verstehen. Für euch hier nun kurz und knapp: Zu Beginn der Apartheid lebten im District Six hauptsächlich Schwarze und Colourds. Als den Weißen dann auffiel, wie schön es dort war, mussten die ursprünglichen Bewohner ihre Häuser verlassen und bis auf wenige Gebäude wurde alles zerstört. Die Weißen bauten sich eigene Häuser und so wurde der alte Stadtteil durch einen neuen ersetzt. Um nicht auf der Straße leben zu müssen, siedelten die Schwarzen und Colourds sich um die Stadt herum an. Da ihre alten Häuser zerstört waren und sie keine wirkliche Entschädigung bekommen hatten, verwendeten sie alle Materialen, die sie finden konnten – so sind die Townships entstanden, wie wir sie heute kennen.

Nach dem Museumsbesuch sind wir in das älteste Township Kapstadts namens Langa gefahren. Es war früher ein Township für Schwarze, da Schwarze, Colourds und Asiaten zur Zeit der Apartheid in verschiedenen Townships leben mussten. Heute dürfen sie sich zwar vermischen, aber die meisten Leute bleiben lieber bei ihrer eigenen „community“. In Langa sind wir dann durch das Township gelaufen und es war ziemlich bedrückend. Zwar befinden sich in den Townships mehr „echte“ Häuser als gedacht, aber es ist trotzdem traurig zu sehen, dass gleich dahinter die Wellblechhütten beginnen. Das liegt daran, dass in einem von der Regierung erbauten Haus meist viel mehr Menschen leben, als eigentlich hineinpassen. Kommen dann noch Verwandte oder weitere Kinder dazu, wird es in dem Haus (bestehend aus Bad, Küche und einem Zimmer) zu eng. So entstehen dann die Hütten hinter dem Haus, die in diesem Fall hauptsächlich zum Schlafen genutzt werden. Natürlich gibt es aber auch viele Familien, die nur in den Wellblechhütten leben.

Die oben beschriebene Situation „von hinten“ fotografiert. Im Hintergrund sieht man die Dachziegel der echten Häuser.

Mal abgesehen von den Wellblechhütten leben selbst in den von der Regierung finanzierten Häusern in einem Zimmer bis zu 15 Personen. Falls ihr mein Zimmer zuhause kennt – so groß ist ein Zimmer in einem dieser Häuser.

Auf der linken Seite des Bildes kann man ein renoviertes Haus sehen, dass von der Regierung gebaut wurde. Rechts befindet sich genau das gleiche Haus, nur dass es noch nicht renoviert wurde. Da die Monatsmiete im renovierten Gebäude 300 Rand (= 30 €), die im anderen nur 20 Rand (= 2 €) kostet, können es sich viele Familien noch nichtmal leisten, in die besser ausgestatteten Häuser umzuziehen.

Am schlimmsten fand ich allerdings, dass wir uns vorkamen wie im Zoo. Auch wenn die Leute uns immer wieder versichert haben, dass es ihnen nichts ausmacht, wenn wir einfach so in ihr Zuhause laufen, Fotos machen und wieder gehen, habe ich mich sehr unwohl gefühlt. Leider hatten wir auch nicht genug Zeit, um uns wirklich mit den Bewohnern des Townships zu unterhalten, da unser Guide ziemlich unter Zeitdruck stand und somit mehr als Smalltalk nicht möglich war, bevor es schon weiter zum nächsten Haus ging. Gegen Ende unserer Besichtigung von Langa waren wir noch im Township-Pub. Dieser „Pub“ ist eine aus Holzlatten zusammengenagelte Hütte mit Zeltplane als Dach, worin auch gleichzeitig die lokale Bierbrauerei war. Das Bier sah aus wie aufgeschäumte Milch und wurde in einem ca. 3 Liter fassenden Kessel „serviert“, hat aber ganz gut geschmeckt.

Die „Bierbrauerei“: In einem komplizierten Prozess wird das sogenannte „Umqombothi“ (= Maisbier) gebraut. Die beiden abgebildeten Frauen pressen gerade die Flüssigkeit aus dem Mais, was erst kurz vor Ende das ganzen Prozesses gemacht wird. Das die Damen ihre Hände auch zum Feuer anmachen oder Geld entgegen nehmen benutzen ohne sie danach zu waschen, ignoriert man am besten einfach. 😉

Damit war unsere Führung in Langa dann auch schon zu Ende…erst hinterher haben wir erfahren, dass unser 19-jähriger Guide für seine Arbeit kein Geld bekommt, weil er erst ausgebildet wird – sonst wäre das Trinkgeld bestimmt um Einiges großzügiger ausgefallen.

Anschließend sind wir dann nach Khayelitsha gefahren, was mit über einer Million Einwohnern das größte Township Kapstadts ist. Der Kabelsalat der legalen und illegalen Stromnetze sieht aus wie ein riesiges Spinnennetz, dass sich wenige Meter über den Hütten kilometerweit hinzieht. Auf dem Weg dorthin hat uns unser Fahrer erzählt, dass viele Jugendliche in den Townships es zwar bis zum Highschool-Abschluss schaffen, aber dann aufgrund hoher Studiengebühren, mangelnder Studienplätze und schlechter Allgemeinbildung keine Chance auf einen Universitätsbesuch haben. So sitzen sie dann ab dem Alter von 18, 19 Jahren so wie der Rest der Familie als einer der vielen Arbeitslosen (in Khayelitsha vermutlich über 50%) rum und haben den ganzen Tag nichts zu tun. Die Folge ist häufig Frustration, Alkoholmissbrauch und dadurch entsteht dann die hohe Kriminalitätsrate. In Khayelitsha haben wir dann ein Musterbeispiel von Eigeninitiative, Kreativität und Nächstenliebe kennengelernt. Dieses kleine Projekt, was mittlerweile ca. 18 „Township-Hotels“ in ganz Khayelitsha umfasst, ist letztes Jahr aufgrund des Hotelmangels während  der Weltmeisterschaft berühmt geworden. „Vicky’s Bed & Breakfast“ hat 1999 mit 2 Betten begonnen und sich mittlerweile auf 6 Betten hochgearbeitet.

Von außen sieht das Hotel aus wie die meisten Häuser in den Townships – sehr heruntergekommen und kurz vor dem Einsturz. Als wir das Haus dann betreten haben, sind uns fast die Augen aus dem Kopf gefallen – denn so sehen zum Beispiel die Zimmer aus:

Zimmer Nummer 1

Zimmer Nummer 2

Zimmer Nummer 3 - Jörn, dort werden wir mal übernachten!

Eine Nacht kostet mit Frühstück und Abendessen 220 Rand (= 22 €). Die Einnahmen kommen nicht nur Vicky Ntozinis Familie zugute, sondern dem ganzen Viertel (z.B. durch eine große Weihnachtsparty u.ä.). Dadurch sind Touristen dort verhältnismäßig behütet, obwohl Khayelitsha normalerweise nicht gerade als sicheres Pflaster bekannt ist. Auch der Kindergarten nebenan wird durch das Hotel finanziell unterstützt. Trotz allem ändert das nicht daran, dass man sich immer noch im Township befindet und demnach schnell mal 30 – 40 Kinder in einem Raum Mittagsschlaf halten müssen – was übrigens erstaunlich gut funktioniert, wenn nicht gerade eine Horde Touristen durch das Gebäude trampelt.

Wie in einer Sardinenbüchse – immer in entgegengesetzter Richtung!

Am Ende war es dann – trotz dem Zoocharakter – ein sehr aufrüttelndes Ereignis. Die Hoffnungs – und Motivationslosigkeit, die sich bei manchen Bewohnern in den Augen wiederspiegelt, steht im krassen Gegensatz zu Vickys Hotel und den vielen „day care’s“, „primary schools“ und „high schools“, die für eine bessere Zukunft kämpfen. Beeindruckend war auch, was das Township manchen Menschen wie z.B. unserem Fahrer bedeutet. Auch wenn er es sich theoretisch leisten könnte, in eine bessere Gegend zu ziehen, bleibt er im Township und kämpft dafür, dass Langa eine richtige Stadtstruktur aufbaut. Auch viele wohlhabende Menschen, die aus den Townships kommen, bleiben am Rand der Townships leben, bauen dort ihre (teils ziemlich großen) Häuser und unterstützen so weiterhin ihr Zuhause. Leider war der eine Besuch nicht mal annähernd lange genug, um eine Möglichkeit zu finden die Menschen vor Ort bei ihren Bemühungen zu unterstützen, aber Melle und ich werden bei unserem nächten Aufenthalt in Kapstadt sehr sicher ein paar Nächte in Vickys Hotel verbringen und dann hoffentlich mehr über die wahnsinnig komplexe Struktur der Townships erfahren.

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